Sehr geehrter Herr Landrat,
meine Herren Kreisbeigeordneten,
geschätzte Kolleginnen und Kollegen im Kreistag,
verehrte Damen und Herren,
zu Beginn meiner Ausführungen möchte ich aufrichtig Danke sagen all´ denen, die in diesen außergewöhnlichen Zeiten in der Kreisverwaltung Außergewöhnliches leisten müssen.
Man darf wohl ohne Übertreibung sagen, dass wir uns als Kreistagsmitglieder sehr gut informiert und beteiligt fühlen. Trotz der Pandemielage ist der Informationsfluß aus der Verwaltung sehr gut. Selbst am Wochenende werden Pressemitteilungen und sonstige Informationen per Email verschickt, nicht selten aus dem Homeoffice. Und man kann wirklich nur den Eindruck gewinnen, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung mit großem Engagement bei der Arbeit sind.
Das spricht auch für die umsichtige Arbeit des Landrates Dietmar Seefeldt und der Kreisbeigeordneten Georg Kern, Ulrich Teichmann und Kurt Wagenführer.
Zu keinem Zeitpunkt mussten die Bürgerinnen und Bürger an der Südlichen Weinstraße das Gefühl haben, konzeptionslos oder zaudernd durch diese Zeiten begleitet zu werden. Gerade die enge Zusammenarbeit der Landkreise SÜW und Germersheim mit der Stadt Landau, ob z.B. bei Festlegung einheitlicher Corona-Regeln oder der Einrichtung der Impfzentren, hat das Vertrauen in die Kreisverwaltung gestärkt.
Danke heute besonders an die ganze Finanzabteilung und den Kämmerer Herrn Wittiber, der fachkompetent und umsichtig das Zahlenwerk für uns aufbereitet hat.
Und das muß an dieser Stelle auch hervorgehoben werden:
die Orientierungsdaten zum kommunalen Finanzausgleich wurden der Kämmerei durch das Land erst am 21. Oktober 2021 übermittelt. In dieser kurzen Zeit den Gremien des Kreises und den Fraktionen ein Zahlenwerk an die Hand zu gegeben, das belastbar ist und das beraten werden kann, ist beachtlich!
Heute gilt es aber auch einer Person ein herzliches Dankeschön zu sagen, die im Stillen wie ein Uhrwerk ihre Arbeit macht, ohne die wir heute in dieser Form gar nicht tagen könnten und dabei immer Freude in ihrer Arbeit ausstrahlt: Frau Zimmermann.
Der Haushalt, der dem Kreistag heute zur Beschlußfassung vorliegt, ist wie alle Haushalte in den letzten Jahrzehnten maßgeblich negativ bestimmt durch den, der verfassungsgemäß die Finanzhoheit über die Kommunalfinanzen hat: das Land.
Das wird zunehmend vergessen oder bewußt aus parteipolitischen Gründen nicht erwähnt, wenn die Haushalte auseinandergenommen und hinterfragt werden.
Wenn in der Vergangenheit bei dem Ruf nach dem Land entweder parteipolitische Motive oder ein ebenso lauter Ruf nach dem Bund ins Feld geführt wurden, so wissen wir spätestens seit den Entscheidungen des höchsten rheinland-pfälzischen Gerichtes, des Verfassungsgerichtshofes Rheinland-Pfalz, dass die Finanzausstattung der Kommunen in Rheinland-Pfalz verfassungswidrig ist.
Das Urteil des Verfassungsgerichts vom 16. Dezember 2020 hat nicht nur innerhalb von nur 8 Jahren zum zweiten Mal den Kommunalen Finanzausgleich (KFA) für verfassungswidrig erklärt (was er damit sage und schreibe nunmehr seit 14 Jahren ist), es hat auch dem Land aufgetragen, bis zum 1. Januar 2023 einen neuen KFA auf die Beine zu stellen, der in
angemessener Art und Weise u.a. eine Bedarfsermittlung durchzuführen hat.
Bisherige Statements der Landesregierung und Verlautbarungen der Kommunalen Familie zum Verfahren deuten darauf hin, dass derzeit keine Gespräche auf Augenhöhe stattfinden. Vielmehr wird durchdas Innen- und Finanzministerium betont, dass die Neuaufstellung nicht zu mehr finanziellenMitteln führen muss.
Darüber hinaus besteht landesseitig keine Bereitschaft, für die weiterhin verfassungswidrigen Jahre 2021 und 2022 zusätzliche Mittel zur Verfügung zu stellen.
Trotz der im Vergleich zum Gewerbesteuerausfall höheren Kompensationszahlungen durch Bund und Land in 2020 und somit verhältnismäßig guten Gesamteinnahmen hatten im vergangenen Jahr unverändert rund 40 Prozent unserer Gemeinden und Gemeindeverbände keine Möglichkeit, ihren Haushalt auszugleichen. Kindertagesstätten, Schulen, Sportstätten, Schwimmbäder und andere öffentliche Einrichtungen können nur gehalten werden, indem sich die betroffenen Kommunen weiter verschulden. Zwar hat die kommunale Familie in Rheinland-Pfalz insgesamt einen Gesamtüberschuss von 198 Mio. Euro in 2020 zu verzeichnen, allerdings liegt dieser 25 % unter dem Vorjahresergebnis.
Im Gegensatz dazu hat sich das Land eine milliardenschwere Haushaltsrücklage geschaffen und konnte seine Schulden im Vergleich zu den Kommunen überdurchschnittlich abbauen. Umso unverständlicher ist es, dass die Landesregierung auch weiterhin nicht bereit ist, für eine nachhaltige und angemessene kommunale Finanzausstattung zu sorgen.
Es bleibt vielmehr zu vermuten, dass unsere Städte, Landkreise und Gemeinden weiter abgehängt werden, weil hier die finanziellen Mittel zur Schuldentilgung und in anderen Bundesländern für Investitionsförderungen genutzt werden. Schließlich liegen im Jahr 2020 die Sachinvestitionen der Kernhaushalte weiterhin rund 130 Euro je Einwohner unter dem Durchschnitt der Flächenländer. Ebenso blieb die Zunahme der Investitionen seit dem Jahr 2011 mit einem Plus von 21 % im Ländervergleich erheblich zurück. So konnten im gleichen Zeitraum andere Flächenländer ein Investitionsplus von über 60 % verbuchen. Allein für die kommunalen Straßen und Brücken besteht in Rheinland-Pfalz ein Investitionsstau von bis zu 2,5 Mrd. Euro.
Verheerend bleibt die Situation bei den Liquiditätskrediten. Zwischenzeitlich tragen die rheinland-pfälzischen Landkreise rd. 53,5 % (1,089 Mrd. €) des bundesweiten Kassenkreditbestands aller Landkreise! Dies bedeutet eine Belastung pro Einwohner in Höhe von 360,5 €, mehr als doppelt so viel wie beim nachfolgenden Bundesland Sachsen-Anhalt.
Seit dem 1. Juli 2021 ist das neue Kita-Zukunftsgesetz in Rheinland-Pfalz vollumfänglich in Kraft. Hiermit ändert sich die Berechnung der Personalisierung einer Kindertagesstätte grundlegend.
Wurde zuvor der Personalschlüssel nach der Gruppenstruktur einer Einrichtung ermittelt, ändert sich dies nun hin zu einer Berechnung nach der Anzahl der genehmigten Plätze und der Stundenumfänge der Betreuung innerhalb einer Einrichtung. Insbesondere durch die Ausdehnung der Betreuungszeiten (montags bis freitags regelmäßig durchgehend 7 Stunden) ergibt sich im Regelfall ein erhöhter Personalbedarf sowohl im pädagogischen als auch im hauswirtschaftlichen Bereich.
Dieser Prozess wird in der Übergangsphase auch noch andauern, da nicht in allen Einrichtungen direkt die personellen als auch räumlichen Voraussetzungen geschaffen werden konnten. An der Finanzierung der Personalkosten beteiligt sich das Land zu 60 %. Die restlichen 40 % sind vom Träger/der Kommune zu tragen. Einmal mehr zahlen die Kommunen sowohl beim Kitaneu- und ausbau, für die die Bundeszuschüsse ausgelaufen sind und das Land keine eigenen Mittel zur Verfügung gestellt hat, als auch beim personellen Mehraufwand für die Wahlversprechen der Ampelparteien.
Gerade wir hier im Landkreis SÜW haben uns immer für eine qualitative und nicht quantitative Stärkung unserer Kindertagesstätten ausgesprochen. Und wir sind Dank der Beschlüsse der letzten Jahre gut aufgestellt.
Zahlen muss dafür aber auch derjenige, der die neuen Voraussetzungen bestellt.
In diesem Fall wäre das das Land. Doch weit gefehlt: anstatt dem Konnexitätsprinzip zu genügen, lässt das Land Kreise und Gemeinden im Regen stehen, was auch in den Zahlen des hier zu verabschiedenden Haushaltes deutlich zu erkennen ist. Im Bereich Tageseinrichtungen für Kinder (Produkt 3650) steigt das Defizit um sage und schreibe 2,213 Mio EUR. Hinzu kommen im investiven Bereich Auszahlungsermächtigungen in Höhe von etwa 1,13 Mio EUR und in den Folgejahren Verpflichtungsermächtigungen in Höhe von 2,032 Mio EUR für Neu- oder Erweiterungsmaßnahmen in den Kitas unseres Landkreises.
Schon sehr frühzeitig hat die Jugendabteilung unter der Führung des Dezernenten und 1. Kreisbeigeordneten Georg Kern sich den Herausforderungen, die das neue Kita-Gesetz den Kreisen und Kommunen beschert hat, gestellt, und so war unser Landkreis einer der ersten in Rheinland-Pfalz, der Konzeptionen, vor allem zur Gestaltung des sog. Sozialraumbudgets vorgelegt hat, extern beraten durch das Mainzer Institut für Sozialpädagogische Forschung Mainz gGmbH (ISM), das dem Landkreis ein hohes Maß an Transparenz bei der Beratung und Umsetzung der neuen Vorgaben bescheinigt hat.
Dank unserer Weitsicht im Kreistag konnte auch ein Bekenntnis zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit und zum Erhalt der Fremdsprachenvermittlung „Französisch“ in vielen unserer Kitas erhalten bleiben. Das Land hat hier nämlich die vormals ausschließlich den beteiligten Kitas aus dem Programm „Lerne die Sprache des Nachbarn“ zugedachten Mittel in den großen landesweiten Kita-Finanzierungstopf geworfen, aus dem alle Kitas bedient werden, also auch die, die noch nie Französischsprachvermittlung betrieben haben und betreiben werden.
Die etwas über 100.000,00 EUR alleine für die Sprachkräfte in den Kitas, die wir mit diesem Haushalt beschließen, sind eine sehr gute Investition in die Zukunft Europas, gerade im grenznahen Gebiet.
Ein herzliches Dankeschön an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Jugendamtes unter der Leitung von Frau Schlageter. Sie haben sehr häufig Kritik für Sachverhalte einstecken müssen, die sie nicht verursacht haben.
Ich möchte noch eine weitere Position unseres Haushaltes herausgreifen, an der deutlich wird, wie sehr wir fremdbestimmt sind, im Interesse unserer Bürgerinnen und Bürger aber handeln müssen und wollen: den ÖPNV.
Insbesondere die Corona-Pandemie hat durch den damit verbundenen Fahrgasteinbruch zu einem erheblichen Defizit im Bereich des ÖPNV geführt. Davon konnte sich der Linienverkehr mit Bus und Bahn bisher nicht richtig erholen. Zudem führen die steigenden Energiepreise und die vom Land maßgeblich beeinflussten Tarifsteigerungen im privaten Omnibusgewerbe zu erheblichen Mehrausgaben, die von den Kommunen zu leisten sind. Zwar weist das neue Nahverkehrsgesetz den Kommunen den ÖPNV als Pflichtaufgabe der Selbstverwaltung in den Grenzen ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit zu. Aufgrund des nicht eindeutig geklärten Rechtsstatus und der völligen Intransparenz bei der künftigen Finanzierung des ÖPNV ist der jetzige Zustand aber weder zufriedenstellend noch nachvollziehbar. Seit vielen Jahren ist gerade auch die Schülerbeförderung ein erheblicher Kostentreiber, da hier die Schere zwischen dem tatsächlichen Ausgleichsbedarf und den Ausgleichszuweisungen des Landes Jahr für Jahr weiter auseinander geht. Lag die Deckungsquote im Jahr 2014 noch bei über 90 %, ist sie mittlerweile auf einen Wert von rd. 66 % abgerutscht. Dies ist insbesondere für die Kreise kaum noch finanzierbar. Es ist mehr als ungewiss, ob die jetzt in unserem Haushalt veranschlagten 4,43 Mio EUR auskömmlich sind. Aus diesem Grund möchte ich Sie, liebe Kreistagskolleginnen und -kollegen darum bitten, später unter Tagesordnungspunkt 10 die von vielen Landkreisen bereits verabschiedete „Resolution zur Erstellung eines zukunftsfähigen Finanzierungskonzeptes ÖPNV“ zu unterstützen.
Seit 2007 hat sich die Steuerkraft in unserem Landkreis fast verdoppelt.
Was trotz dieser Entwicklung aufgrund des Finanzgebarens des Landes bei den Kreisen und Kommunen ankommt, hatte ich bereits ausgeführt.
Das Mehr an Kreisumlage in diesem Jahr wird aufgehoben durch geringere Schlüsselzuweisungen des Landes.
Die geplanten Investitionen des Landkreises sind umsichtig und maßvoll und haben einen deutlichen Schwerpunkt im Schul- und Jugendbereich, etwa bei der Installation raumlufttechnischer Anlagen.
Sehr erfreulich ist das deutliche Bekenntnis zur Altenbergschule in Bad Bergzabern, dort soll es jetzt, nachdem letzte Gutachten vorliegen, u.a. mit dem Abriß des Nebengebäudes los gehen, um dann den Neubau errichten zu können.
Auch der Breitbandausbau wird zielstrebig und kostenintensiv weiter verfolgt, bei allen Schwierigkeiten im Detail, die deutliche Gespräche mit dem Vertragspartner des Kreises erforderlich machten und machen.
Die schlimmen Unwetter-Ereignisse im Ahrtal haben gezeigt, wie wichtig es ist, frühzeitig und nachhaltig in den Zivil- und Katastrophenschutz zu investieren.
An dieser Stelle Danke an alle Helferinnen und Helfer aus unserem Landkreis, die wie viele andere Menschen aus der gesamten Bundesrepublik uneigennützig geholfen haben.
Der Bestandsausbau unserer Kreisstraßen wird konsequent weiter verfolgt, so etwa in unserer kleinsten Kreisgemeinde in Oberschlettenbach mit ca. 190.000,00 EUR.
Die Personalentwicklung folgt den äußeren rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten. Weiterhin wird verstärkt der Marke „SÜW“ zum Erfolg verholfen, umweltpolitische und klimaschützende Maßnahmen finden sich ebenso in den Haushaltsansätzen, so z.B. im Rahmen der Gewässeraufsicht und der Queichdurchgängigkeitsmaßnahme.
Die derzeitige Höhe der Kreisumlage mit 45,5%, das möchte ich nochmals in Erinnerung rufen, wurde uns von der Aufsichtsbehörde diktiert.
Für das vor uns liegende Haushaltsjahr sehen wir unter den von dort vorgegebenen Parametern noch keine solide begründete Möglichkeit für eine Absenkung des Umlagesatzes.
Für den Haushalt 2023 ist dies für die CDU-Fraktion jedoch vorstellbar, wenn wir unseren Kurs der finanziellen Konsolidierung weiter fortsetzen und der neue KFA uns hier keinen Strich durch die Rechnung macht.
Zum Ende meiner Ausführungen möchte ich mich bei den Partnern in der Koalition aus CDU Bündnis90/Die Grünen und der FWG für die sehr vertrauensvolle Zusammenarbeit und die zielführenden, manchmal auch kontroversen Diskussionen bedanken.
Unser Landkreis ist gut aufgestellt und das soll er auch bleiben!
Herzlichen Dank Ihnen allen im Kreistag für Ihr fast ausschließlich kollegiales Miteinander.
Ihnen und Ihren Familien wünsche ich noch eine schöne Adventszeit, frohe Weihnachten und Gesundheit, auch in 2022.
Für die CDU-Fraktion Birkenhördt, 13.12.2021
Matthias Ackermann
Fraktionsvorsitzender
Es gilt das gesprochene Wort!